Giovanni Pisano

Bei der Böhler-Madonna handelt es sich um ein Meisterwerk des italienischen Künstlers Giovanni Pisano, das seit 120 Jahren einen prominenten Platz in der Sammlung der Familie einnimmt.

Die umfangreichen Recherchen Professor Max Seidels, dem international anerkannten Experten für das Werk des Künstlers, zeigen, dass es sich bei der um 1313 datierten Figur um ein Schlüsselwerk des imperialen Stils Pisanos handelt. Auch belegt Professor Seidel erstmals die Restaurierung der gotischen Skulptur durch den italienischen Renaissance-Künstler Benedetto da Maiano, ein in der Kunstgeschichte einzigartiger Fall.

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Das Haus Limburg-Luxemburg

Ein mächtiger Herrscher

Heinrich VII. (1278/79 in Valenciennes – 1313 in Buonconvento bei Siena) entstammte dem Haus Limburg-Luxemburg. Nach seiner Wahl zum römisch-deutschen König im Jahr 1308 überquerte Heinrich zwei Jahre später mit einem großen Heer die Alpen. Gegen anhaltende Widerstände seiner politischen Gegner in Italien und Frankreich gelang es ihm, sich 1312 in Rom zum Kaiser krönen zu lassen. Heinrichs Plan, im Bündnis mit Siziliens König auch Süditalien zu gewinnen, konnte er wegen seines frühen Todes im Jahr 1313 nicht mehr umsetzen.
Heinrich VII. begründete eine Herrscherdynastie gesamteuropäischer Bedeutung. Sein Sohn Johann heiratete Elisabeth von Böhmen, eine Prinzessin aus dem Geschlecht der Premysliden. Im Erbgang gelangte das wohlhabende Königreich in den Besitz der Luxemburger. Karl, Johanns Sohn und Enkel Heinrichs, wurde 1355, 53 Jahre nach seinem Großvater, zum deutschen Kaiser gewählt und zählte zu den einflussreichsten europäischen Herrschern seiner Zeit.


Codex Balduini Trevirensis: Die Kurfürsten wählen Graf Heinrich von Luxemburg zum König. https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35220956

Französische Mode

am Hof zu Pisa

Die Böhler-Madonna ist nicht nur in ihrer Rolle als Mutter des göttlichen Kindes dargestellt. Ihre aufwendige, dem Geschmack der Zeit entsprechende Kleidung unterstreicht ihre irdische Strahlkraft als Himmelskönigin. Am Hofe Heinrich VII. in Pisa konnte Pisano die französische Mode studieren, die dank Heinrichs VII. und seiner kaiserlichen Gemahlin, Margarete von Brabant, nach Italien gekommen war. Die Damen bei Hofe waren in schwere, weite und faltenreiche Gewänder gekleidet und trugen ein Kopftuch, von einem Diadem oder einer Krone gehalten und über Kinn und Hals gebunden. Meisterlich gelingt dem Bildhauer die künstlerische Umsetzung des schweren Faltenwurfes, den die Madonna mit Grandezza an ihrer rechten Körperseite zusammenhält.

Codex Manesse: Gottfried von Neifen
Bild gemeinfrei

Guelfen und Ghibellinen

Kriege in Italien

Die Böhler-Madonna entstand um 1313 am Hof von Kaiser Heinrich VII in Pisa.

Die kaiserfreundliche, ghibellinische Stadt Pisa gehörte im Mittelalter zu den bedeutenden Seemächten Italiens. Sie stand in großer Konkurrenz zu Genua, lieferte sich aber später auch schwere Machtkämpfe mit der Partei der Guelfen im papstfreundlichen Florenz.

Von der Ankunft Kaiser Heinrichs VII. im Jahr 1312 versprach sich die Stadt eine Stärkung seiner Position innerhalb Italiens. Sein plötzlicher Tod im Jahr 1313 machte diese Hoffnung zunichte. Der kaiserliche Leutnant Uguccione della Faggiola füllte kurzfristig das entstandene Machtvakuum. Er eroberte die papstfreundliche Stadt Lucca und besiegte 1315 die Florentiner in der Schlacht bei Montecatini.

Als heraldisches Symbol wählte die Guelfenpartei übrigens die Lilie, ausgehend vom Lilienwappen des Kapetingers Karl von Anjou. Die Ghibellinen hingegen verwendeten den kaiserlichen Reichsadler.

Schlacht von Montaperti, Ausschnnitt.
Bild gemeinfrei

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