Die Theorie der „Sphärenharmonie“ oder „Sphärenmusik“ wurde in der Antike von dem griechischen Philosophen Pythagoras entwickelt. Er glaubte, dass die um die Erde (als Mittelpunkt des Universums) kreisenden Planeten von durchsichtigen Kugeln getragen werden. Auch dachte Pythagoras, dass durch die Bewegung dieser durchsichtigen Kugeln (Sphären) Töne entstehen, deren Höhe von Abständen der Planeten zueinander und der Geschwindigkeiten, mit der sich die Sphären bewegen, abhängt. Die Töne ergeben demnach einen harmonischen Zusammenklang (griechisch symphōnía), der jedoch für die Menschen normalerweise nicht hörbar ist.
Die Lehre der Sphärenmusik wurde bis in die Neuzeit rezipiert und diskutiert. Als ästhetischer Ausdruck eines wohlgeordneten Kosmos fand diese Idee besonders in philosophischen und literarischen Kreisen Anklang, die das Universum als einheitliche Manifestation einer mathematischen Ordnung göttlichen Ursprungs betrachten. Christen fanden dank des biblischen Satzes, wonach Gott alles „nach Maß, Zahl und Gewicht“ geordnet habe (Weish 11, 20) einen Anknüpfungspunkt.
Ein zauberhaftes poetisches Denkmal setzte William Shakespeare der Sphärenmusik in seinem Kaufmann von Venedig (1596-98):
Komm, Jessica! Sieh, wie die Himmelsflur
Ist eingelegt mit Scheiben lichten Goldes!
Auch nicht der kleinste Kreis, den du da siehst,
Der nicht im Schwunge wie ein Engel singt,
Zum Chor der hellgeaugten Cherubim.
So voller Harmonie sind ew’ge Geister:
Nur wir, weil dies hinfäll’ge Kleid von Staub
Uns grob umhüllt, wir können sie nicht hören.
(5. Akt, 1. Szene)
Von Melozzo da Forli – Ursprung unbekannt, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=408326