Schöne Madonna

Provenienz
Kunsthandlung Madl, Wien 1920er Jahre, dort erworben von Leopoldine Katharina Kutter, Wien bis 1964, 1965 durch Vermittlung von Dr. Kurt Rossacher Verkauf an Prof. Anton Dermota, Kammersänger, Wien, in dessen Familie bis 2020

Literatur
Schöne Madonnen 1350 – 1450. Ausstellungskatalog Salzburg, Domoratorien,
17. Juni – 15. September 1965, S. 91, Nr. 40, Abb. 27

Ausstellung
Salzburger Domkapitel, Domoratorien, „Schöne Madonnen 1350 – 1450“, 7. Juni – 15. September 1965, Kat. Nr. 40, Abb. 27, als Innviertel, Gegend von Ried, Kirchenprovinz Salzburg, Diözese Passau.

Gutachten Dr. Kurt Rossacher, 2.11.1965
In einem Gutachten lokalisiert Dr. Kurt Rossacher den Künstler in Tirol. Im Museum Ferdinandeum in Innsbruck befindet sich eine stilistisch vergleichbare Madonna, welche dieselbe, polierte weiße Elfenbeinfassung aufweist, sowie silberlegiertes Gold am Saum, d. h. hier wird Blattgold auf Blattsilber aufgebracht, wodurch ein kühler Goldton entsteht. “Zusammenfassend kann die Figur als ausgezeichnetes und besonders reizvolles Beispiel einer Kleinplastik der Schönen Madonna um 1420 bezeichnet werden, wohl in Tirol entstanden und in seiner edlen Fassung für die Prälaturräume oder die Schatzkammer eines Klosters entstanden

Maria trägt das nackte Kind über ihrer ausschwingenden linken Hüfte locker auf dem Arm. Um den Hüftschwung auszugleichen weicht ihr Oberkörper weit aus nach links und formt durch den rechts geneigten Kopf den typischen, einem “S” nachgebildeten Schwung. Der weiße, innen blaue gefütterte Mantel fällt zu beiden Seiten der Figur in fließenden Faltenkaskaden nach unten. Dazwischen bildet der Stoff in der Körpermitte tiefe Schüsselfalten aus. Der Körper ist unter den ästhetischen Faltengebilden kaum mehr erkennbar, nur die rechte Maria trägt das nackte Kind über ihrer ausschwingenden linken Hüfte locker auf dem Arm. Um den Hüftschwung auszugleichen weicht ihr Oberkörper weit aus nach links und formt durch den rechts geneigten Kopf den typischen, einem “S” nachgebildeten Schwung. Der weiße, innen blaue gefütterte Mantel fällt zu beiden Seiten der Figur in fließenden Faltenkaskaden nach unten. Dazwischen bildet der Stoff in der Körpermitte tiefe Schüsselfalten aus. Der Körper ist unter den ästhetischen Faltengebilden kaum mehr erkennbar.

Ein neuer Madonnentypus

Seit dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts verbreitet sich in mehreren europäischen Gebieten ein neuer Madonnentypus. Die in weite Mäntel gehüllten Marien tragen das liegende oder sitzende Christuskind auf dem Arm. Typisch sind die weich fließenden Faltenkaskaden des Mantels und der ausgeprägte Hüftschwung zu einer Seite. Zusammen mit dem dagegen gedrehten Oberköper erhalten die Figuren dadurch insgesamt einen “S”- Schwung. Die anmutige Formensprache, die schwungvollen Körper und die Schönlinigkeit der üppigen Falten führten zur Bezeichnung “Schöne Madonnen”.

Kaiser Karl IV.

Seinen Ursprung nimmt der neue Stil in Böhmen am und im Umkreis des Hofes von Kaiser Karl IV. (Prag 1316–1378) und gilt als Ausdruck des kaiserlichen Repräsentationsbedürfnisses. Karl IV. König von Böhmen und Italien und römisch-deutscher Kaiser stammt aus dem Geschlecht der Luxemburger. Ab 1323 erhält er siebenjährig eine umfassende Ausbildung am französischen Hof. Dort prägte die verfeinerte französische Hofkunst seinen Kunstgeschmack und der spätere Papst Clemens zählte zu seinen Erziehern. Zurück in Prag fördert Karl IV die bildenden Künste.

Anlässlich der Erhebung Prags zum Erzbistum durch Papst Clemens im Jahr 1344 erfolgt die Grundsteinlegung des Prager Veitsdoms. Karl IV holt als Baumeister Matthias von Arras und nach dessen Tod Peter Parler an die Dombauhütte des Veitsdoms. Aus der Parler Familie sollen auch die ersten “Schönen Madonnen” stammen, wobei das nicht nachzuweisen ist. Überhaupt ist die Forschung zu den “Schönen Madonnen”, die ihren Erfolgszug von Prag aus nach Schlesien, Österreich und Bayern antraten, von vielen Lücken gepägt. Die ältesten bekannten Exemplare sind aus feinem Kalkstein gefertigt, dem sog. Goldenen Pläner, der bei Prag abgebaut wurde. Spätere Exemplare sind aus Gußstein und aus Holz gearbeitet. Die Vergleiche mit der Kunst, auch mit der Malerei und der Buchmalerei am Prager Hof führten dazu, einen kaiserlichen Stil Karl des IV. zu definieren.

Marienverehrung

Hinzu kommt eine starke Marienverehrung die vom Deutschritter Orden von Böhmen ausgehend Österreich und Bayern erreichte. Die bekanntesten Madonnen sind die sog. Thorner Madonna und die sog. Krumauer Madonna, die beide um 1390-1400 datiert werden und stilbildend für zahlreiche nachfolgende Bildwerke geworden sind.

Unsere Madonna lässt sich gut mit der “Judenburger Madonna” (Abb. Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Judenburg) vergleichen, einem Typus der etwas später, um 1420, wahrscheinlich in Salzburg, entstanden ist. Diese Madonna ist, wie die meisten der “Schönen Madonnen” aus Stein gearbeitet und ist mit 1,45 cm wesentlich größer als unsere.

Die Goldbordüren, und die stoffreichen Faltenkaskaden zu beiden Seiten der Figur sind fast identisch. Auch das Kind greift mit seiner rechten Hand nach dem Schleier der Mutter. Die Judenburger Madonna hat im Salzburger Raum, wie zum Beispiel mit der sogenannten “Maria Säul” in Sankt Peter, oder auch mit der sog. “Unterauracher Madonna” aus der Stadtpfarrkirche St. Blasius in Salzburg, heute im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, eine viel verehrte Verwandte. Und auch in Bayern, wie zum Beispiel in Regensburg, mit der Madonna im Kreuzgang des ehem. Klarissinnenklosters in Regensburg, Steinguss, H. 153 cm, fand dieser Typus mit Abwandlungen, eine Nachfolge.

Im Vergleich zu den anderen Madonnen weist unsere Figur mit 50. 5 cm nur eine geringe Höhe aus, sie war wohl für die private Devotion bestimmt.

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